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Caritas-SkF-Essen gGmbH und Sozialdienst katholischer Frauen e.V. stellen sich gegen Sexkauf-Verbot

Sexkauf-Verbot bestraft die Falschen

22. September 2023 Gefährdetenhilfe

Der zuständige Ausschuss des Europaparlaments hat sich für ein Sexkauf-Verbot nach dem sogenannten nordischen Modell ausgesprochen. Die Caritas-SkF-Essen (cse) und der Sozialdienst katholischer Frauen (SkF) lehnen ein Sexkaufverbot vehement ab. 

Essen, 22.9.2023 – EU-Staaten werden aufgefordert, einheitliche Regeln für Prostitution zu schaffen und insbesondere die Freier zu bestrafen.

Schutzloses Arbeiten im Dunkelfeld
„Den Menschen, die durch ein Sexkauf-Verbot geschützt werden sollen, schadet dieses Verbot am meisten“, so Annegret Flügel, Vorständin des SkF. Ein Sexkaufverbot verlagert Sexarbeit ins Dunkelfeld. Die Folge: Sexarbeiter:innen ziehen sich zurück, bieten ihre Dienste in Privatwohnungen, in Gewerbegebieten oder im Internet an. Sie sind Kund:innen schutzlos ausgeliefert. 

„Als cse setzen wir uns dafür ein, Bedingungen zu schaffen, in denen die Sexarbeiter:innen ihren Job möglichst gefahrlos für Leib und Leben tun können und so bestmöglich vor Gewalt geschützt sind“, so Andreas Bierod, Geschäftsführer der cse. Findet Sexarbeit im Dunkelfeld statt, sind Sexarbeiter:innen vulnerabel: „Für Beratungen und niederschwellige Hilfen, adäquate Unterstützungs- und Gesundheitsangebote sind sie kaum zu erreichen. Kund:innen fallen als Hinweisgeber:innen und Informationsquelle aus Angst vor eigener Kriminalisierung weg“, erklärt Maike van Ackern, Abteilungsleitung Mädchen und Frauen in besonderen Lebenslagen bei der cse.

Zwei Paar Schuhe: Menschenhandel und Sexarbeit
Der Vorschlag für ein Sexkauf-Verbot wird damit begründet, dass das Sexkauf-Verbot dazu beiträgt, die grenzüberschreitenden Auswirkungen der Prostitution, einschließlich des Menschenhandels, zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung, zu bekämpfen. Es ist richtig, über Menschenhandel aufzuklären sowie Frauen und Männern, die davon betroffen sind, die bestmögliche Unterstützung zukommen zu lassen. 

Die cse und der SkF lehnen es ab, alle Sexarbeiter:innen unter Generalverdacht zu stellen, von Menschenhandel betroffen zu sein.

Sexarbeiter:innen sind als Personen so vielfältig und divers wie die Arbeit selbst. Sexualassistenten, Tantra Massage, Escort Services und viele weitere Bereiche sind oft eigenständig als Gewerbe angemeldet und sichern ein Einkommen, von dem Steuern und Versicherungen gezahlt werden. Kund:innen geben von Menschenhandel Betroffenen häufig erste Perspektiven, vermitteln sie an Fachberatungsstellen oder machen erste Aussagen bei der Polizei. Durch die Kriminalisierung der Sexarbeit sind von Menschenhandel Betroffene auf sich allein gestellt.

Menschenhandel ist zu Recht eine Straftat (§232 StGB). Wenn Gewalt und Zwang eine Rolle spielen, muss dies klar benannt und geahndet werden. Es gibt in Deutschland gute und funktionierende Strukturen, um den Menschenhandel zu bekämpfen. Diese müssen weiter ausgebaut und vor allen Dingen regelfinanziert werden. 

Beratungsstellen: In Essen gut vernetzt
„Die bisherigen Regelungen haben sich bewährt“, so Flügel. Die cse-Beratungsstellen „Nachtfalter“ für Betroffene von Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung, sowie die Beratungsstelle „freiRaum“ für Frauen, die in der Sexarbeit tätig sind, sind mit jeweils drei Mitarbeitenden besetzt. Jede der Einrichtungen betreut im Schnitt 60 Frauen im Jahr. Die Beratungsstellen profitieren dabei durch enge Zusammenarbeit, eine gute Vernetzung ins Milieu und einen regelmäßigen Austausch. „Insbesondere die gute Zusammenarbeit in der Stadt Essen sollte nicht gefährdet werden“, erklärt Bierod.